Es folgte der sogenannte Grabenfeldzug im Schawwal (10. Monat) des Jahres 5 n. d. H. Yazid ibn Ruman hat mir darüber von 'Urwa ibn al-Zubair berichtet. Verschiedene Gelehrte haben dies und das ergänzt. Faßt man alle Berichte zusammen, so hat sich der Feldzug folgendermaßen abgespielt: Eine Anzahl Juden ging mit anderen Feinden aus den Stämmen Nadir und Wa'il zu den Quraischiten nach Mekka und forderte sie auf, Muhammad zu bekämpfen.1 Die Mekkaner versprachen ihnen Beistand, bis Muhammad ganz vernichtet wäre. Die Quraisch sagten dabei zu den Juden: “Ihr seid die Männer mit dem ältesten Buch der Welt und wißt, worüber wir mit Muhammad im Streit liegen. Sagt uns: Welche Religion ist besser, die unsrige oder die seinige?” Sie antworteten: “Eure Religion ist besser! Ihr seid der Wahrheit näher.” Auf sie bezieht sich der Qur’anvers: “51 Hast du nicht gesehen wie jene, denen ein Teil der Schrift geoffenbart worden ist, an Götzen und Wahrsager glauben, indem sie von den Ungläubigen sagen, sie seien auf besserem Wege als die Gläubigen? 52 Sie sind von Allah verflucht, und wen Allah verflucht, der findet keinen Helfer” (Sure al-Nisa' 4,51-52).

“54 Oder beneideten sie die Moslems wegen der Gunst, die ihnen Allah geschenkt hatte? Wir haben früher dem Geschlecht Abrahams die Schrift, die Weisheit und ein großes Reich gegeben. 55 Manche glaubten an ihn, andere widerstrebten ihm. Die Hölle wird die letzteren verzehren!” (Sure al-Nisa 4,54-55) Die Quraischiten waren sehr erfreut über diese Worte und über die Aufforderung, sich am Krieg gegen Muhammad zu beteiligen. Sie kamen überein und sagten zu. Die Juden gingen dann zu den Ghatafan von Qays Ailan, forderten sie gleichfalls auf, Muhammad zu bekämpfen, versprachen ihre Mitwirkung und sagten, daß sich auch die Quraisch mit ihnen verbündet hätten. Auch diese stimmten zu. Die Quraisch rückten dann unter der Führung Abu Sufyans aus und die Ghatafan unter 'Uyayna ibn Hisn mit den Banu Fazaara. Ihnen folgten die Banu Murra unter der Führung von Harith ibn Auf und die Banu Aschdja unter Mis'ar ibn Rukhailah.

 

 

 

17.1 Wie man einen Graben aushob (März 627 n.Chr.)

Als Muhammad vom Nahen der Feinde und von ihrem Vorhaben Kunde erhielt, ließ er um Medina einen Graben ziehen.2 Muhammad arbeitete selbst mit, um den Gläubigen das Verlangen nach Allahs Lohn einzuflößen. Die Gläubigen arbeiteten fleißig, weniger die Heuchler, die angeblich zu schwach zur Arbeit waren und ohne Wissen und Willen des Propheten nach Hause gingen. Wenn die Gläubigen hingegen etwas Dringendes zu erledigen hatten, trugen sie es Muhammad vor und baten ihn um die Erlaubnis, ihre Besorgung erledigen zu dürfen. Muhammad erlaubte es. Sobald sie ihr Geschäft abgewickelt hatten, kehrten sie aus Verlangen nach dem Segen Allahs an die Arbeit zurück. Allah offenbarte in bezug auf die gehorsamen Gläubigen: “Die Gläubigen sind nur diejenigen, welche an Allah und seinen Gesandten glauben, und alle diejenigen – sobald sie eine gemeinnützige Arbeit mit ihm verrichten – die sich ohne seine Erlaubnis nicht entfernen. Wer deine Erlaubnis einholt, glaubt an Allah und seinen Gesandten. Gewähre sie, wem du willst und flehe Allahs Vergebung für sie an. Allah vergibt und ist gnädig und barmherzig” (Sure al-Nur 24,62). Über die Heuchler, die ohne Erlaubnis zu ihrer Familie gingen, heißt es dagegen: “Betrachtet nicht die Aufforderung des Propheten wie eine von euresgleichen. Allah kennt alle, die sich zurückziehen und verbergen. Mögen die, die sich seiner Anordnung widersetzen, sich in acht nehmen, daß sie nicht verführt werden oder sie schwere Pein treffe” (Sure al-Nur 24,63).

 

17.2 Die Quraisch vor Medina

Der Graben war fertiggestellt, als die Quraisch herankamen und sich am Zusammenfluß der Bäche von Ruma zwischen Djuruf und Zaghaba lagerten. Mit den Verbündeten und Anhängern von den Banu Kinana und den Bewohnern von Tihama zählte das Heer 10.000 Mann. Auch die Ghatafan mit ihren Anhängern von Nadjd zogen heran. Ihr Lager befand sich an der Spitze von Naqma, an der Seite, die nach Uhud führte. Muhammad verließ mit 3000 Mann die Stadt und schlug sein Lager vor ihren Toren auf, jedoch so, daß sein Rücken sich an Sal (ein Berg bei Medina) lehnte und der Graben ihn vom Feind trennte. Er setzte Ibn Umm Maktum über Medina. Die Frauen und Kinder ließ er in die Burgen bringen.

17.3 Wie der jüdische Stamm der Banu Quraiza das Bündnis brach

Huyay ibn Akhtab, der Feind Allahs, begab sich zu Ka'b ibn Asad, dem Häuptling der Quraiziten, der im Namen der Quraiziten mit Muhammad ein Bündnis geschlossen hatte. Als Ka'b von Huyais Ankunft hörte, ließ er das Tor seiner Burg schließen und verweigerte ihm den Zutritt. Huyay rief: “Öffne Ka'b! Wehe dir!” Ka'b erwiderte: “Wehe dir! Du bringst Unglück! Ich habe mit Muhammad ein Bündnis geschlossen und will es nicht brechen, denn ich sah bei ihm nur Treue und Aufrichtigkeit.” Huyay bat erneut um Einlaß, und als Ka'b bei seiner Weigerung blieb, rief er: “Bei Allah, du hast nur deshalb dein Tor geschlossen, weil du fürchtest, ich könnte deinen Hirsebrei mit dir teilen wollen!” Dadurch beleidigte er Ka'b dermaßen, daß dieser ihm öffnete. Huyay fuhr dann fort: “Wehe dir, Ka'b! Ich bringe dir den Ruhm aller Zeiten und ein gewaltiges Heer. Ich komme mit den Quraischiten samt ihren Herren und Führern. Sie lagern am Zusammenfluß der Bäche von Ruma. Die Ghatafan samt ihren Herren und Führern lagern an der Spitze von Naqma, an der Seite von Uhud. Sie haben sich verpflichtet, nicht aufzubrechen, ehe Muhammad und seine Anhänger vernichtet worden sind.” Ka'b erwiderte: “Bei Allah, du bringst mir Erniedrigung, Sturmwolken die blitzen und donnern, die aber ihr Wasser schon ausgeleert haben und ganz leer sind. Wehe dir, Huyai, laß mich bei meinem Vorsatz. Ich sehe bei Muhammad nur Treue und Aufrichtigkeit.” Huyay hörte aber nicht auf, ihn zu überreden und schwor zuletzt bei Allah, daß, falls die Quraisch und die Ghatafan abziehen sollten, ohne Muhammad getötet zu haben, er sich zu ihm in seine Burg begeben und sein Schicksal teilen wolle. Da endlich brach Ka'b das Schutz- und Treuebündnis, das er mit Muhammad geschlossen hatte.

17.4 Muhammad sendet Kundschafter aus

Als Muhammad und die Gläubigen von dem Bündnisbruch Kunde erhielten, sandte er Sa'd ibn Mu'adh, den Herrn der Ausiten, und Sa'd ibn Ubada, den Herrn der Khazradjiten, sowie Abd Allah ibn Rawaha und Khawwat ibn Djubair, einen Angehörigen der Banu Amr ibn Auf, um zu sehen, ob die ihm zugetragene Nachricht wahr sei. “Ist sie wahr,” sagte er, “so gebt es mir durch ein Zeichen zu verstehen, schwächt aber die Zuversicht der Leute nicht. Ist sie nicht wahr, so verkündet es laut!” Die Genannten gingen zu den Juden und fanden alles so, wie man es ihnen zugetragen hatte. Die Juden sagten: “Wer ist der Gesandte Allahs? Es besteht keinerlei Bündnis oder Vertrag zwischen uns und Muhammad.” Sa'd ibn Mu'adh, ein erregbarer Mann, beschimpfte sie. Doch sie beschimpften ihn ihrerseits. Da sagte Sa'd ibn Ubada: “Laß das Schimpfen! Was zwischen uns und ihnen vorgefallen ist, muß durch mehr als durch Schmähungen ausgeglichen werden.” Sie kehrten hierauf zu Muhammad zurück und sagten: “Es ist eine große Treulosigkeit, die diese Stämme gegen Khubaib und seine Gefährten geübt haben.” Muhammad bemerkte: “Allah ist groß! Freut euch auf gute Botschaft, ihr Gläubigen!”

17.5 Die Moslems in Bedrängnis

Die Gefahr wuchs, und Furcht breitete sich unter den Anhängern Muhammads aus, denn der Feind kam von oben und unten, so daß die Gläubigen das Schlimmste dachten und manche Heuchler ihren Reden freien Lauf ließen. Mu'attib ibn Quschair, ein Bruder der Banu Amr ibn Auf, sagte: “Muhammad hat uns die Schätze des Kyros (Kisra) und des Kaisers3 verheißen. Nun können wir nicht mehr ohne Lebensgefahr in unsere Gärten gehen!”

Aus ibn Qaizi, einer von den Banu Haritha, sagte: “Unsere Häuser sind dem Feind schutzlos ausgeliefert, obgleich sie mit Männern seines Geschlechts angefüllt waren. Sie liegen außerhalb der Stadt. Darum erlaube uns, heimzugehen!”

 

Muhammad und die Ungläubigen lagerten einander mehr als zwanzig Tage, fast einen Monat lang, gegenüber, ohne daß es zum Krieg gekommen wäre. Die Stadt wurde nur belagert, und man schoß einige Pfeile aufeinander ab.

 

Als die Gefahr noch größer wurde, sandte Muhammad, wie mir Asim ibn Umar und andere Zuverlässige von Muhammad ibn Moslem al-Zuhri berichtet hat, zu Uyayna ibn Hissn und zu Harith ibn Auf, den Anführern der Ghatafan, und versprach ihnen den dritten Teil der Datteln Medinas, wenn sie mit ihren Leuten abziehen würden. Das Angebot zog, und der Friede kam zustande. Der Vertrag war bereits aufgesetzt, doch fehlten der feste Entschluß und die Zeugen. Muhammad sandte, ehe er den Vertrag unterschreiben wollte, zu Sa'd ibn Mu'adh und Sa'd ibn Ubada, um ihren Rat einzuholen. Sie fragten: “Möchtest du, daß wir dem Vertrag um deinetwillen zustimmen, oder ist es ein Befehl Allahs, dem wir folgen müssen, oder willst du es um unsretwillen tun?” Muhammad antwortete: “Ich will es nur um euretwillen tun, denn, bei Allah, ich sehe, daß die Araber wie aus einem Bogen auf euch schießen und euch von allen Seiten bedrängen. Darum wollte ich ihre vereinte Kraft brechen.” Sa'd ibn Mu'adh versetzte: “Wir waren früher ebenfalls Polytheisten und Götzendiener wie unsere Gegner. Wir beteten Allah nicht an und kannten ihn nicht, und doch wagten sie es nicht, auch nur eine unserer Datteln zu essen. Wenn sie sie nicht als unsere Gäste genießen oder für Geld erwerben, sollten wir ihnen jetzt unser Gut einfach ausliefern, obwohl uns Allah durch die Leitung zum Islam geehrt und durch ihn und durch dich verherrlicht hat? Das wollen wir nicht, bei Allah. Wir lassen sie unser Schwert schmecken, bis Allah zwischen uns und ihnen entscheidet.” Muhammad sagte: “Du hast recht!” Sa'd ibn Mu'adh nahm dann den Vertrag, löschte die Schrift und sagte: “Sie mögen uns nur bekriegen!”

17.6 Einige Ungläubige setzen über den Graben

Die Gläubigen mit Muhammad wurden vom Feind belagert, ohne daß gekämpft wurde.4 Doch einige quraischitische Reiter hüllten sich in ihr Kriegsgewand. Sie ritten aus, und als sie am Lager der Banu Kinana vorüberkamen, riefen sie: “Bereitet euch zum Kampf vor! Ihr sollt heute die wahren Ritter kennenlernen.” Dann sprengten sie bis an den Graben heran. Als sie diesen sahen, riefen sie: “Bei Allah, das ist eine List, die kein Araber je gebraucht hat!”

Es wird behauptet, Salman habe Muhammad den Rat dazu gegeben. Ein Gelehrter erzählte mir, die Ausgewanderten hätten an jenem Tage gesagt: “Salman ist einer von den Unsrigen!” Das gleiche behaupteten die Hilfsgenossen. Muhammad sagte: “Salman gehört zu uns, den Männern des Heiligtums.”

 

Die feindlichen Reiter suchten dann eine Stelle, an der der Graben enger war, und schlugen auf ihre Pferde ein, bis sie hinübersetzten und sich in der sumpfigen Gegend zwischen dem Graben und Sal herumtummelten. Ali rückte mit einigen Moslems vor und besetzte den Platz, wo die Feinde über den schmalen Graben gesprungen waren. Die Reiter sprengten auf sie zu. Amr ibn Abd Wudd, der bei Badr gekämpft hatte, bis ihn seine Wunden kampfunfähig gemacht hatten, und der bei Uhud nicht anwesend war und beim Grabenkrieg sich gekennzeichnet hatte, damit man sehe, welche Stelle er einnehme, blieb nun stehen und forderte die Gläubigen zum Zweikampf heraus. Ali trat hervor und sagte: “Du hast Allah zum Zeugen angerufen, daß ein Quraischite dir nicht zwei Dinge vorschlagen wird, ohne daß du das eine annimmst.” Er antwortete: “So ist es.” – “Nun, ich fordere dich auf, an Allah und seinen Gesandten zu glauben und Moslem zu werden.” – “Ich habe nichts damit zu tun.” – “Dann fordere ich dich auf, zum Zweikampf abzusteigen.” – “Wozu denn, mein Vetter, ich habe keine Lust, dich zu töten!” – “Aber, bei Allah, ich habe Lust, dich zu töten.” Amr wurde dadurch gereizt, sprang vom Pferd, hieb ihm den Fuß ab und schlug ihm auf den Kopf. Dann ging er auf Ali zu und kämpfte mit ihm, bis er getötet wurde. Die anderen Reiter aber flohen und setzten wieder über den Graben hinweg.

17.7 Die mutige Tat Safiyyas, der Tochter Abd al-Muttalibs

Yahya ibn Abbad hat mir (Aischa) von seinem Vater berichtet: Safiyya, die Tochter Abd al-Muttalibs, befand sich in Fari, der Burg Hassan ibn Thabits, der bei den Frauen und Kindern geblieben war. Da kam ein Jude vorüber, der um die Burg herumging. Die Banu Quraiza hatten damals verborgen am Krieg teilgenommen und das Bündnis mit Muhammad gebrochen. Zwischen ihnen und uns – so erzählte Aischa – war niemand, der uns beschützte. Muhammad und die Gläubigen standen dem Feinde gegenüber. Sie konnten ihre Posten nicht verlassen, wenn uns jemand überfallen hätte. Da sagte ich zu Hassan: “Sieh, wie dieser Jude um unsere Burg herumschleicht. Bei Allah, ich fürchte, er könnte den Juden, die hinter uns sind, einen schwachen Punkt unserer Burg zeigen. Muhammad und seine Gefährten können sich nicht mit uns beschäftigen. Geh hinunter und erschlage ihn!” Hassan erwiderte: “Allah verzeihe dir, Tochter Abd al-Muttalibs! Du weißt wohl, daß ich dazu nicht der Mann bin!” Als er mir dies sagte und ich nun wußte, daß ich von ihm keine Hilfe erwarten konnte, umgürtete ich mich, ergriff eine Stange, ging zu ihm hinunter und schlug ihn tot. Dann ging ich wieder in die Burg und sagte zu Hassan: “Geh hinunter und ziehe ihn aus! Mich hat nur die Scham – er ist ja ein Mann – davon abgehalten.” Hassan erwiderte: “Ich mag ihn seiner Kleider nicht berauben!”

17.8 Wie die Ungläubigen durch List entzweit wurden

Nu'aym ibn Mas'ud, vom Stamm Ghatafan, kam zu Muhammad und sagte: “Ich bin, ohne daß es jemand von meinem Volk weiß, Moslem geworden. Befiehl mir, was du willst!” Muhammad erwiderte: “Du bist nur einer gegen viele. Suche, wenn du kannst, uns durch List und Betrug beizustehen, denn der Heilige Krieg ist (nichts anderes als) Betrug!”5

Nu'aym ging zu dem jüdischen Stamm der Banu Quraiza, bei denen er gelebt hatte, und sagte: “Ihr kennt meine Liebe und Anhänglichkeit euch gegenüber.” Sie erwiderten: “Du hast recht, wir hegen keinen Verdacht gegen dich!” Er fuhr fort: “Die Quraischiten und die Ghatafan sind nicht in der gleichen Lage wie ihr. Ihr wohnt in diesem Lande mit euren Frauen, Kindern und Gütern. Ihr könnt euch nicht in ein anderes Land begeben. Die Quraisch und Ghatafan aber, die gekommen sind, um Muhammad und seine Gefährten zu bekämpfen und denen ihr Hilfe leistet, haben eine andere Heimat, in der sich ihre Frauen und Güter befinden. Ist ihnen das Glück günstig, so beuten sie es aus, wenn nicht, so kehren sie in ihre Heimat zurück und überlassen euch Muhammad in eurem Lande, gegen den ihr euch allein nicht verteidigen könnt. Deshalb kämpft nicht mit ihnen, bis sie euch von ihren edelsten Leuten Geiseln dafür gestellt haben, daß ihr auf ihrer Seite gegen Muhammad kämpft, bis er vernichtet ist.” Die Juden antworteten: “Du hast uns einen guten Rat erteilt.”

Hierauf ging Nua'im zu den Quraisch und sagte zu Abu Sufyan und seiner Umgebung: “Ihr wißt, daß ich euch liebe und Muhammad fernstehe. Ich habe etwas gehört und fühle mich verpflichtet, es euch zu eurem Wohl mitzuteilen. Doch haltet es geheim!” Sie antworteten: “Das werden wir!” Er fuhr fort: “Wißt, daß die Juden bereuen, was sie gegen Muhammad beschlossen haben. Sie haben Männer zu ihm geschickt und ihm sagen lassen: ,Wir bereuen unsere Tat. Wirst du zufrieden sein, wenn wir von den Edelsten der Quraisch und Ghatafan Geiseln nehmen und sie dir ausliefern. Du läßt sie hinrichten, und wir kämpfen dann mit dir gegen die übrigen, bis wir sie vernichtet haben?' Muhammad hat sich damit zufrieden erklärt. Wenn also die Juden zu euch schicken und Geiseln verlangen, so gebt ihnen keinen einzigen Mann!”

Hierauf verließ er die Quraisch und ging zu den Ghatafan und sagte zu ihnen: “Ihr seid mein Stamm und mein Geschlecht. Ich liebe niemanden mehr als euch. Ihr werdet wohl an meiner Treue nicht zweifeln.” Sie sagten: “Du hast wahr gesprochen, du bist uns nicht verdächtig.” Er bat sie dann, seine Mitteilung geheim zu halten. Als sie es versprochen hatten, richtete er an sie die gleichen Worte und die gleiche Warnung wie an die Quraisch.

An einem Freitagabend im Schawwal (10. Monat) des fünften Jahres nach der Auswanderung fügte Allah, als ein Geschenk für Muhammad, daß Abu Sufyan und die Häupter der Ghatafan 'Ikrima mit andern zu den Banu Quraiza schickte und ihnen sagen ließ: “Wir bleiben nicht länger hier. Pferde und Kamele gehen zugrunde. Kommt deshalb morgen zum Kampf gegen Muhammad, damit wir der Sache ein Ende machen.”6

Die Quraiza erwiderten hierauf: “Heute ist Sabbat, ein Tag, an dem wir nicht arbeiten. Einige unter uns haben sich dagegen versündigt und sind, wie euch wohl bekannt ist, hart bestraft worden. Außerdem kämpfen wir nicht mit euch gegen Muhammad, ehe ihr uns Geiseln stellt, die uns als Sicherheit bleiben, bis wir zusammen Muhammad vernichtet haben. Wir fürchten, daß, wenn der Krieg heftig wird und euch Wunden schlägt, ihr euch nach eurer Heimat aufmacht und uns allein mit diesem Mann in unserem Lande zurücklaßt, gegen den wir nichts vermögen.”

Als die Boten mit dieser Antwort zurückkamen, sagten die Quraisch und Ghatafan: “Bei Allah, was Nua'im gesagt hat, ist wahr!” Sie ließen daher den Quraiza sagen: “Wir stellen keine einzige Geisel. Wenn ihr mit uns kämpfen wollt, so rückt aus.”

Als diese Botschaft zu den Banu Quraiza kam, sagten sie: “Nuaim hat die Wahrheit gesagt. Diese Leute wollen nur eine Schlacht wagen; finden sie eine gute Gelegenheit, so benützen sie sie, wenn nicht, ziehen sie heim und überlassen uns allein den Kampf mit Muhammad.” Sie ließen dann den Quraisch und Ghatafan erneut ausrichten, daß sie ohne Geiseln nicht mit ihnen kämpfen würden. Jene bestanden aber auf ihrer Weigerung. Auf diese Weise schürte Allah das Mißtrauen unter ihnen. Er sandte in jenen Winternächten auch einen kalten, heftigen Wind, der ihre Töpfe umwarf und ihre Zelte zerriß.7

 

 

 

17.9 Hudhaifa im Lager der Feinde

Als Muhammad vernahm, wie Allah das Band der Einigkeit unter den Feinden zerrissen hatte, rief er Hudhaifa und sandte ihn in das feindliche Lager. Er wollte herausbekommen, was sich in der kommenden Nacht zutragen würde. Hudhaifa berichtet darüber folgendes: “Ich sehe es noch vor mir, wie wir bei Muhammad am Graben waren. Er betete einen Teil der Nacht, dann wandte er sich uns zu und rief: ,Wer will nachsehen, was der Feind in dieser Nacht vorhat?'

Als Lohn versprach er, daß er zu Allah beten werde, den Betreffenden zu seinem Gefährten im Paradies zu machen. Doch meldete sich niemand, sowohl aus Furcht als auch wegen der Kälte und wegen des Hungers. Als sich niemand erhob, rief Muhammad mich. Mir blieb keine andere Wahl als aufzustehen. Er beauftragte mich nachzusehen, was der Feind tat, verbot mir aber, etwas gegen ihn zu unternehmen. Ich begab mich in das feindliche Lager, wo gerade der Sturm und Allahs Scharen gegen die Feinde wüteten, so daß kein Topf stehenblieb, kein Feuer brannte und kein Zelt aufrecht blieb. Abu Sufyan erhob sich und sagte: ,Jeder von euch sehe zu, wer neben ihm sitzt!' Ich ergriff sogleich die Hand meines Nachbarn und fragte: ,Wer bist du?' Er nannte seinen vollen Namen. Abu Sufyan fuhr dann fort: ,Wir bleiben nicht länger hier. Rinder und Kamele sind dahin. Die Banu Quraiza haben uns im Stich gelassen, und wir haben Schlimmes über sie gehört. Der Wind bläst gegen uns. Kein Topf und kein Zelt bleibt stehen, und kein Feuer brennt. Wir brechen auf! Ich bleibe nicht länger hier.' Er begab sich dann zu seinem Kamel, setzte sich darauf und schlug es, noch ehe man es ganz losgebunden hatte. Hätte mir Muhammad nicht strikt verboten, vor meiner Rückkehr etwas zu unternehmen, so hätte ich Abu Sufyan mit einem Pfeil getötet. Ich kehrte dann zu Muhammad zurück. Er verrichtete eben sein Gebet und trug ein Kleid aus jemenitischem Stoff, das einer seiner Frauen gehörte. Sobald er mich sah, zog er mich zu sich heran, warf einen Teil seines Kleides über mich, verbeugte sich und fiel nieder, während ich ganz nahe bei ihm war. Als er sein Gebet vollendet hatte, erstattete ich ihm Bericht.”

Die Ghatafan machten sich gleichfalls zur Rückkehr fertig, sobald sie hörten, daß die Quraisch abgezogen waren! Am folgenden Morgen verließ Muhammad mit den Gläubigen den Graben, kehrte in die Stadt zurück und legte die Waffen ab.

17.10 Die Kriegserklärung des Engels Gabriel gegen den jüdischen Stamm der Banu Quraiza

Gegen Mittag kam Gabriel (nach dem Bericht al-Zuhris) zu Muhammad. Gabriel hatte das Haupt mit einem seidenen Turban umwunden und saß auf einem Maultier, dessen Sattel mit einer seidenen Decke bedeckt war. Er fragte: “Hast du schon die Waffen niedergelegt?” Muhammad antwortete: “Ja!” Da sprach Gabriel: “Aber die Engel haben die Waffen noch nicht niedergelegt, und ich bin gekommen, um die Leute zum Krieg aufzufordern. Allah befiehlt dir, gegen die Banu Quraiza auszurücken, und ich gehe zu ihnen, um ihre Burgen zu erschüttern.”8 Muhammad befahl dem Ausrufer bekanntzumachen, daß niemand das Nachmittagsgebet anderswo als bei den Banu Quraiza verrichte. Er setzte den Ibn Umm Maktum über Medina und schickte Ali mit seiner Fahne voraus. Die Leute kamen eilig herbei.

Als Ali in die Nähe der Burgen der Banu Quraiza kam, hörte er, wie sie häßliche Reden gegen Muhammad führten. Er kehrte um und sagte zu Muhammad, dem er auf dem Wege begegnete: “Nähere dich diesen bösartigen Menschen nicht!” Er fragte: “Warum, hast du bei ihnen Schlimmes über mich gehört? Wenn sie mich sehen, sagen sie so etwas nicht.”9

Als er dann in die Nähe der Burgen kam, rief er: “Ihr Brüder der Affen!10 Hat euch Allah beschämt und seine Strafe über euch herabgesandt?” Sie antworteten: “O Abu Qasim! Das weißt du besser!”

Noch bevor Muhammad zu den Banu Quraiza gelangt war, begegneten ihm bei Sauran einige seiner Gefährten. Er fragte sie, ob jemand an ihnen vorübergeritten sei. Sie antworteten: “Ja, Dihya ibn Khalifa, der Kalbite, ist auf einem weißen Maultier, dessen Sattel eine seidene Decke zierte, an uns vorbeigeritten.” Da erwiderte Muhammad: “Es war Gabriel11, der zu den Banu Quraiza gesandt worden ist, um ihre Burgen zu erschüttern und ihr Herz mit Schrecken zu erfüllen.”

Muhammad ließ sich an einem Brunnen der Banu Quraiza nieder, der “Anna” hieß. Die Moslems sammelten sich um ihn. Manche kamen erst nach dem Nachtgebet. Sie hatten das Nachmittaggebet noch nicht verrichtet, weil Muhammad hatte ausrufen lassen, man solle nur bei den Banu Quraiza beten. Sie waren durch dringende Geschäfte abgehalten worden, die sie während des Krieges nicht erledigen konnten. Sie sprachen daher das Nachmittaggebet erst nach dem Nachtgebet, und Allah tadelt sie deswegen nicht in seiner Schrift. Auch Muhammad wies sie nicht zurecht.

17.11 Die Belagerung der jüdischen Banu Quraiza in Medina (Mai 627 n.Chr.)

Muhammad belagerte die Banu Quraiza 25 Tage lang, bis sie in die Enge getrieben waren und Allah Schrecken in ihr Herz warf. Huyay ibn Akhtab hatte sich seinem Versprechen gemäß nach dem Abzug der Quraisch und Ghatafan in eine der Burgen der Banu Quraiza begeben. Als sie die Überzeugung gewannen, Muhammad werde nicht abziehen, ehe er sie unterworfen hatte, sagte Ka'b: “Ihr seht, was über euch gekommen ist! Ich schlage euch drei Auswege vor. Wählt einen davon! Erstens, wir folgen diesem Mann und erklären ihn für wahrhaftig; denn, bei Allah, es ist euch doch schon lange klar, daß er der gesandte Prophet ist, von dem in unserer Schrift geschrieben steht. Euer Leben, euer Gut und eure Kinder sind dann in Sicherheit.” Sie entgegneten ihm aber: “Wir sagen uns von den Satzungen der Thora nicht los und vertauschen sie nicht mit etwas anderem.” – “Nun,” sagte Ka'b, “so laßt uns den anderen Weg gehen, indem wir unsere Frauen und Kinder töten und dann mit gezogenem Schwert gegen Muhammad und seine Gefährten ausrücken, ohne eine Last hinter uns zu haben. Möge Gott zwischen uns und ihm entscheiden. Gehen wir zugrunde, so lassen wir keine Familie zurück, um die wir besorgt sein müßten. Siegen wir, so nehmen wir ihre Frauen und Kinder.” Da antworteten die Juden: “Wenn wir diese Armen töten, hat uns das Leben nichts Gutes mehr zu bieten!” – “Nun,” fuhr Ka'b fort, “wenn ihr auch diesen Weg nicht wählen wollt, dann gibt es noch einen dritten: Heute ist Freitagabend. Vielleicht wähnt Muhammad sich in Sicherheit. Macht einen Ausfall! Vielleicht können wir Muhammad und seine Gefährten überraschen.” Sie erwiderten aber: “Sollen wir den Sabbat entweihen und Dinge tun, die niemand von uns getan hat außer denen, die, wie du weißt, in Affen verwandelt worden sind?”12 Ka'b rief hierauf: “Kein einziger von euch hat je, seit seine Mutter ihn geboren hat, auch nur einmal einen ernsten Entschluß gefaßt!”

17.12 Abu Lubaba und seine Buße

Die Banu Quraiza, die auch Schutzgenossen der Aus waren, sandten schließlich zu Muhammad und baten ihn, ihnen Abu Lubaba ibn Abd al-Mundhsir zu schicken, damit sie sich mit ihm beraten könnten. Muhammad schickte ihn. Als er zu ihnen kam, standen die Männer vor ihm auf. Die Frauen und Kinder drängten sich zitternd und weinend um ihn herum, so daß er gerührt war. Sie fragten ihn, ob er ihnen rate, sich Muhammad zu ergeben. Er nickte, deutete aber zugleich auf seinen Hals. Er wollte damit sagen, Muhammad würde sie hinschlachten. “Aber, bei Allah,” so erzählte später Abu Lubaba, “noch ehe ich meine Füße von der Stelle bewegte, erkannte ich, daß ich Allah und seinen Gesandten verraten hatte.”

Abu Lubaba entfernte sich dann, ging aber nicht zu Muhammad, sondern band sich an einem Pfeiler der Moschee fest und schwor, nicht von der Stelle zu weichen, bis ihm Allah seine Worte verziehen habe. Auch nahm er Allah als Zeugen, daß er das Gebiet der Banu Quraiza nie mehr betreten und sich nie mehr in dem Ort zeigen werde, wo er Allah und seinen Propheten hintergangen hatte. Als Muhammad, der über sein Ausbleiben erstaunt war, hörte, was vorgefallen war, sagte er: “Wenn er zu mir gekommen wäre, so hätte ich Allahs Gnade für ihn erfleht. So aber werde ich ihn nicht von dem Pfeiler losbinden, bis ihn Allah selbst begnadigt.” Muhammad befand sich gerade in der Wohnung der Umm Salama, als ihm Abu Lubabas Begnadigung offenbart wurde. Umm Salama erzählt: “Ich hörte in der Frühe, wie Muhammad lachte. Ich fragte ihn, worüber er lache. Er sagte: ,Allah hat Abu Lubaba vergeben.' Ich fragte, ob ich es ihm melden dürfte (es war, noch ehe Muhammads Frauen hinter einen Vorhang verwiesen wurden), und er bejahte es.” Sie stellte sich vor die Tür ihres Gemachs und rief: “Freue dich, Abu Lubaba, Allah hat dir vergeben!” Die Leute liefen dann auf ihn zu, um ihn loszubinden. Er aber schwor, er werde nicht von der Stelle weichen, bis ihn Muhammad selbst losgebunden habe. Muhammad tat dies, als er, auf dem Weg zum Morgengebet, an ihm vorüberkam. Abu Lubaba war sechs Tage angebunden gewesen. Zur Gebetszeit band ihn seine Frau jedes Mal los, wie mir ein Gelehrter berichtet hat, bis er gebetet hatte. Dann wurde er wieder angebunden. Die auf seine Buße sich beziehende Offenbarung lautet: Und andere haben ihr Vergehen bekannt und Böses mit Gutem vermengt ...” (Sure al-Tawba 9,102).

In der Nacht, in welcher sich die Banu Quraiza ergaben, bekehrten sich Thalaba ibn Sa'ya, Usayd ibn Sa'ya und Asad ibn Ubaid. Sie waren Vettern der Quraiza und Nadir, gehörten aber zum Stamme Hadl, dessen Ursprung weiter zurückreicht.

17.13 Die jüdischen Banu Quraiza ergeben sich (Mai 627 n.Chr.)

Am folgenden Morgen ergaben sich die Banu Quraiza. Die Ausiten kamen herbei und sagten: “Diese Juden sind unsere Verbündeten und nicht die Khazradj. Nun weißt du ja, wie du ehedem gegen die Verbündeten der Khazradj vorgegangen bist.” Die Banu Qaynuqa', die Muhammad schon früher belagert hatte, waren nämlich Verbündete der Khazradj. Als sie sich ergaben, beriefen sie sich auf Abd Allah ibn Ubai, und Muhammad schenkte sie ihm.

Als die Ausiten so sprachen, fragte sie Muhammad, ob sie zufrieden wären, wenn er einen von ihnen zum Schiedsrichter ernennen würde. Als sie seine Frage bejahten, sagte er: “Nun, Sa'd ibn Mu'adh, sei es!” Ihn hatte Muhammad, als er von einem Pfeil getroffen wurde, in das Zelt einer Frau vom Stamme Aslam bringen lassen. Sie hieß Rufaida, pflegte die Verwundeten in der Moschee und diente ihnen, um ihr Seelenheil zu erlangen.

Als ihn jetzt Muhammad zum Schiedsrichter über die Banu Quraiza ernannt hatte, luden ihn seine Leute auf einen Esel, auf den sie ein ledernes Polster gelegt hatten – er war ein starker, schöner Mann – und während sie ihn zu Muhammad führten, sagten sie: “Sei gütig, Abu Amr, gegen deine Schutzgenossen. Muhammad hat ihr Schicksal in deine Hand gelegt, damit du sie mit Milde behandelst.”

Als sie derart auf ihn einredeten, erwiderte er: “Jetzt ist es Zeit, daß ich nichts Tadelnswertes in den Augen Allahs begehe.” Hierauf kehrten einige seiner Stammesgenossen in die Wohnung der Banu Abd al-Aschhal zurück und beklagten den Tod der Männer der Banu Quraiza, noch ehe Sa'd bei ihnen erschienen war.

Als Sa'd zu Muhammad und den Gläubigen kam, rief Muhammad: “Steht vor eurem Herrn auf!” Die Ausgewanderten sagten zu einander: “Muhammad meint damit bestimmt die Hilfsgenossen.” Jene aber sagten: “Muhammad hat den Befehl allen Gläubigen gegeben!” Sie erhoben sich und sagten zu Sa'd: “Muhammad hat dich zum Schiedsrichter über deine Schutzgenossen gemacht.” Da fragte sie Sa'd: “Schwört ihr bei Allah, daß mein Urteil vollzogen wird?” Sie antworteten: “Ja.” Sa'd fragte weiter: “Schwören es auch alle, die auf der Seite des Gesandten Allahs stehen” (Muhammad selbst nannte er aus Ehrfurcht nicht.)? Da antwortete Muhammad mit einem “Ja.” “Nun,” sagte Sa'd, “mein Urteil geht dahin, daß alle Männer hingerichtet, ihre Güter verteilt und ihre Kinder und Frauen zu Gefangenen gemacht werden.” Muhammad sprach zu Sa'd: “Dein Urteil ist identisch mit dem Urteil Allahs, der über den sieben Himmeln ist.13

17.14 Die Hinrichtung des jüdischen Stammes der Banu Quraiza in Medina (Mai 627 n.Chr.)

Als das Glaubensheer und ihre Helfer abzogen, ließ Muhammad die Juden in dem Hause der Tochter al-Hariths, einer Frau von den Banu al-Nadjdjar in Medina, einsperren. Dann begab er sich auf einen Platz, der noch heute der Marktplatz von Medina ist, und ließ dort Gruben graben. Dann ließ er die Männer der Banu Quraiza truppweise vorführen und vor den Gruben hinrichten. Es waren 600 bis 700 Mann, nach anderen Angaben 800 bis 900.14 Unter ihnen waren auch Huyay ibn Akhtab und Ka'b ibn Asad. Die Quraiza fragten Ka'b, als man die Männer in Abteilungen abführte, was nach seiner Meinung mit ihnen geschehe. Er antwortete: “Werdet ihr niemals klug? Seht ihr nicht, daß die Abgeführten nicht wiederkehren? Bei Allah, sie werden hingerichtet!”

Man fuhr nun in dieser Weise fort, bis Muhammad mit allen fertig war. Der letzte, der hingerichtet wurde, war Huyay ibn Akhtab, der Feind Allahs. Er trug ein gestreiftes Oberkleid, das an allen Enden fingerbreite Risse hatte, damit es ihm niemand ausziehe. Seine Hände waren auf den Rücken gebunden. Als er Muhammad erblickte, sagte er: “Bei Allah, ich mache mir keine Vorwürfe deswegen, daß ich dich angefeindet habe, aber wer Allah untreu wird, geht zugrunde.” Er wandte sich dann den Leuten zu und sagte: “Es ist kein Unglück, wenn der Befehl Allahs entsprechend der über die Söhne Israels verhängten und verzeichneten blutigen Bestimmung vollzogen wird.” Er setzte sich dann, und man schlug ihm den Kopf ab.

Aischa erzählt: “Von den Frauen der Banu Quraiza wurde nur eine getötet. Sie war bei mir, unterhielt sich mit mir und lachte so sehr, daß ihr ganzer Körper erschüttert wurde, während Muhammad die Männer auf dem Markt hinrichten ließ. Plötzlich rief eine Stimme: ,Wo ist N.N.?' und nannte ihren Namen. Sie antwortete: ‘Hier bin ich!' Ich fragte sie: ,Was ist los?' – ,Ich werde umgebracht.' – ,Weshalb?' – ,Wegen eines Vergehens.' Sie wurde dann abgeführt und enthauptet. Bei Allah,” sagte Aischa, “ich werde nie vergessen, wie ich mich gewundert habe, daß sie so munter war und so viel lachte, obwohl sie doch wußte, daß sie hingerichtet werden sollte.” Diese Frau hatte Khallad ibn Suwaid getötet, indem sie einen Mühlstein auf ihn herabwarf.

17.15 Zubair ibn Bata verschmäht seine Begnadigung

Nach dem Bericht al-Zuhris ging Thabit ibn Qays zu Zubair ibn Bata, dem Quraiziten, Vater des Abd al-Rahman, welcher ihm zur Zeit des Heidentums viel Gutes getan hatte – wie mir einer der Söhne Zabirs erzählt hat, schenkte er ihm am Tage von Bu'ath das Leben, nachdem er ihm das Haupthaar abgeschoren hatte und ließ ihn frei ziehen – und fragte ihn: “Kennst du mich noch?” (Er war nämlich damals ein Greis.) Jener antwortete: “Wie sollte ich dich nicht kennen?” – “Nun,” sagte Thabit, “ich will dir vergelten, was ich dir schuldig bin.” Zabir erwiderte: “Es ziemt den Edlen, einander zu vergelten.”

Thabit ging zu Muhammad und sagte: “Ich verdanke Zabir eine Wohltat, die ich ihm vergelten möchte. Schenke mir sein Blut!” Muhammad schenkte es ihm, und er kehrte zu Zabir zurück und meldete es ihm. Da sagte Zabir: “Was soll ein Greis ohne Frau und ohne Kinder mit dem Leben tun?” Thabit ging wieder zu Muhammad und beschwor ihn, ihm auch seine Frau und sein Kind zu schenken, und Muhammad gewährte sie ihm. Als er dies Zabir verkündete, sagte dieser: “Wie kann eine Familie im Hidjaz ohne Vermögen Bestand haben?” Thabit begab sich wieder zu Muhammad und erbat sich auch Zabirs Vermögen. Auch dieses erhielt er. Als ihm Thabit dies mitteilte, sagte er: “Was macht der Mann, dessen Gesicht wie ein chinesischer Spiegel leuchtete, so daß sich die Jungfrauen seines Stammes darin ansahen, nämlich Ka'b ibn Asad?” – “Er ist hingerichtet worden.” – “Und was macht Huyay ibn Akhtab, der Herr der Wüsten- und Städtebewohner?” – “Er ist auch getötet worden.” – “Und was macht Azzal ibn Simau'al, der Erste beim Angriff und der Beschützer, wenn wir flohen?” – “Er ist tot.” – “Und die beiden Gesellschaften?” (Er meinte die Banu Ka'b und die Banu Amr ibn Quraiza.) – “Sie sind ausgelöscht worden. Alle sind getötet.” – “Nun, so bitte ich dich, Thabit, bei dem, was du mir zu verdanken hast, lasse mich meinen Stammesgenossen nachfolgen, denn, bei Allah, nach dem Tod dieser Männer hat das Leben keinen Wert mehr, und ich habe nicht einmal so lange Geduld, wie der Eimer vom zu tränkenden Kamel fern bleibt, bis ich den Freunden begegne.”

Thabit führte ihn dann vor, und er wurde enthauptet. Als Abu Bakr hörte, was er gesagt hatte, fügte er hinzu: “Bei Allah, er wird seine Freunde in der Hölle treffen, wo sie in alle Ewigkeit brennen.”

17.16 Die Geschichte der jüdischen Knaben 'Atiyya und Rifa'a

Muhammad hatte den Befehl erteilt, jeden Mann von den Banu Quraiza, der bereits einen Bart hatte, zu töten. Der Quraizite 'Atiyya erzählt: “Als Muhammad den Befehl erteilt hatte, jeden Erwachsenen zu töten, war ich noch ein Knabe ohne Bart. Daher ließ man mich am Leben. Salma, die Tochter der Kais, Schwester des Salit, eine der Tanten Muhammads, die mit ihm in beide Richtungen gebetet und ihm nach der Art der Frauen15 gehuldigt hatte, wurde von Rifa'a ibn Samau'al, dem Quraiziten, der schon das Jünglingsalter erreicht hatte, um Schutz angefleht, denn er kannte sie von früher. Sie bat Muhammad, ihn ihr zu schenken, denn er versprach zu beten und Kamelfleisch zu essen. Muhammad schenkte ihn ihr, und so bewahrte sie sein Leben.

17.17 Die Teilung der Beute von den jüdischen Banu Quraiza

Muhammad teilte dann unter den Gläubigen die Frauen, Kinder und Habseligkeiten der Banu Quraiza auf und bestimmte an diesem Tag den Anteil der Reiter und des Fußvolkes und nahm ein Fünftel davon weg. Die Reiter erhielten drei Teile, eins für den Mann und zwei für das Pferd. Die Fußgänger erhielten einen Teil. Bei diesem Krieg waren 36 Pferde im Einsatz. Hier wurde zum ersten Mal die Beute in verschiedene Teile geteilt und der fünfte Teil weggenommen. Nach diesem Brauch wurde auch bei den späteren Feldzügen verfahren. Muhammad sandte dann Sa'd ibn Zaid al-Ansari mit Gefangenen der Banu Quraiza nach Nadjd und ließ dafür Pferde und Waffen einkaufen.16

17.18 Die Jüdin Rayhana wird Muhammads Frau

Muhammad hatte von den Frauen der Banu Quraiza Rayhana erwählt, die Tochter des Amr ibn Khunafa, eine der Banu Amr ibn Quraiza. Sie blieb als Sklavin bis zu seinem Tod bei ihm. Muhammad schlug ihr vor, sie zu heiraten und sich wie die anderen Frauen abzusondern. Aber sie bat ihn, sie als Sklavin zu behalten. Es sei leichter für ihn und für sie, und so ließ er sie. In der Anfangszeit widersetzte sie sich dem Islam und wollte Jüdin bleiben, so daß sich Muhammad von ihr fernhielt, was ihn betrübte. Eines Tages jedoch, als er bei seinen Gefährten saß, hörte er zwei Sandalen hinter sich und sagte: “Es sind die Sandalen des Tha'laba ibn Sa'ya, der mir die Nachricht von der Bekehrung Rayhanas bringt.” Er trat herein und verkündete dies. Muhammad war sehr erfreut darüber.

Der Grabenfeldzug und der Kampf gegen die Banu Quraiza wird in der “Sure der Scharen” (al-Ahzab 33) erwähnt. Allah erinnert sie an die Gefahren, an seine Wohltat, wie er ihnen als Hilfe genügte und an die verschiedenen Äußerungen der Heuchler. Es heißt dort: 9 O ihr, die ihr glaubt, gedenkt der Gnade Allahs gegen euch, als die Heere gegen euch auszogen und wir den Sturm und die unsichtbaren Scharen gegen sie sandten.17 Allah sah, wie ihr euch verhalten habt. 10 Als die Feinde von oben und von unten herankamen, euer Blick unsicher wurde, euer Herz bis zum Halse schlug und ihr Gedanken gegen Allah hegtet (von oben kamen die Quraiza und von unten die Quraisch und Ghatafan), 11 da wurden die Gläubigen erprobt, und es ergriff sie ein heftiges Zittern. 12 Gedenkt, wie die Heuchler und die mit krankem Herzen sagten: ,Was uns Allah und sein Gesandter verheißen haben, war nichts als eine Täuschung!' 13 Und einige sagten: ,O ihr Bewohner Yathribs, das ist kein Platz für euch, kehrt heim!' Und etliche von ihnen baten den Propheten um Erlaubnis, weggehen zu dürfen, und behaupteten: ,Unsre Häuser sind schutzlos.' Sie waren aber nicht schutzlos. Sie wollten nur fliehen” (Sure al-Ahzab 33,9-13), falls der Feind von allen Seiten eindringen sollte.

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14 ... So wurden sie zum Abfall verleitet, und sie fielen ab, blieben aber nur kurze Zeit in diesem Zustand, 15 denn sie hatten sich schon früher vor Allah verpflichtet, (in der Gefahr) nicht den Rücken zu kehren. Ein Versprechen Allah gegenüber ist verpflichtend! 16 Sprich! 'Die Flucht vor dem Tode oder dem Getötet-Werden nützt auch nichts, denn ihr habt doch nur einen kurzen Genuß davon.' 17 Sprich! 'Wer kann euch gegen Allah schützen, wenn er Schlimmes gegen euch vorhat, oder wer kann euch schaden, wenn er barmherzig gegen euch ist? Sie finden außer Allah keinen Beschützer und keinen Helfer.' 18 Allah kennt die Heuchler unter euch und diejenigen, die zu ihren Brüdern sagten: ,Kommt her zu uns!' Sie setzten sich aber nur wenig der Gefahr aus und halfen euch nur knauserig. 19 ... Wenn die Furcht naht, sehen sie dich mit unstetem Blick an, wie ein Ohnmächtiger in Todesfurcht. Wenn die Gefahr vorüber ist, verletzen sie euch mit ihren scharfen Zungen ...” (Sure al-Ahzab 33,14-19).

17.19 Der Tod des Sa'd ibn Mu'adh

Als das Schicksal der Banu Quraiza entschieden war, öffnete sich die Wunde bei Sa'd ibn Mu'adh, und er starb als Märtyrer. Mu'adh ibn Rifa'a al-Zuraqi hat mir berichtet: In meinem Volk erzählt man sich folgendes: Als Sa'd starb, kam Gabriel mitten in der Nacht zu Muhammad – er trug einen Turban von golddurchwirktem Seidenstoff (Brokat) – und sagte zu ihm: “Wer ist der Tote, dem sich die Himmelspforten geöffnet haben und dem der Thron18 entgegenjubelt?” Muhammad stand rasch auf und lief zu Sa'd, fand ihn aber schon tot.

Aischa kam einst in Gesellschaft des Usayd ibn Hudhair von Mekka zurück. Ihm war eine Frau gestorben, die er betrauerte. Da sagte Aischa zu ihm: “Allah verzeihe dir, Abu Yahya. Wie magst du noch eine Frau betrauern, nachdem du einen Vetter verloren hast, bei dessen Tod der Thron in Entzücken geriet?”

17.20 Die Aufzählung der Märtyrer aus dem Grabenkrieg

Am Graben fielen nur sechs Männer von den Gläubigen und drei von den Ungläubigen. Einer von ihnen war Nawfal ibn Abd Allah ibn al-Mughira, der über den Graben setzen wollte, dabei aber hineinstürzte und getötet wurde. Die Ungläubigen wollten seine Leiche kaufen, deren sich die Moslems bemächtigt hatten. Muhammad überließ sie ihnen, wobei er sagte: “Wir haben weder mit der Leiche noch mit ihrem Preis etwas zu tun.” Wie von Zuhri berichtet worden ist, erhielt Muhammad 10.000 Dirham für die Leiche.19

Im Krieg gegen die Banu Quraiza fiel Khallad ibn Suwaid von den Banu al-Harith ibn al-Khazradj. Ein Mühlstein war auf ihn geworfen worden, der ihn zerschmetterte. Muhammad soll gesagt haben: “Er erhält den doppelten Lohn eines Märtyrers.” Abu Sinan ibn Mihsan, einer der Banu Asad ibn Khuzaima, starb während der Belagerung und wurde auf dem Friedhof der Banu Quraiza beerdigt, der noch jetzt als Begräbnisplatz dient. Als die Moslems vom Graben heimzogen, sagte Muhammad: “Von nun an werden die Quraisch nicht mehr gegen euch ausrücken, ihr aber werdet sie bekriegen.” So geschah es auch. Die Quraisch rückten nie mehr gegen Muhammad aus, er aber bekämpfte sie, bis Allah Mekka in seine Hand gab.

17.21 Die Tötung des jüdischen Richters Sallam Abu Raafi' in Khaybar20(Juni 627 n.Chr.)

Als der Grabenfeldzug und der Kampf gegen die Quraiza vorüber war, baten die Khazradj Muhammad um die Erlaubnis, Abu Raafi' Sallam, der in Khaybar wohnte, töten zu dürfen. Er hatte zu denen gehört, die die verschiedenen Gruppen gegen Muhammad aufbrachten. Vormals hatten die Ausiten Ka'b ibn al-Aschraf wegen seiner Feindschaft gegen Muhammad getötet. Muhammad erlaubte es ihnen. Abd Allah ibn Ka'b berichtet: “Zu dem, was Allah für Muhammad getan hatte, gehörte, daß die beiden Stämme Aus und Khazradj wie zwei männliche Kamele um Muhammads Gunst wetteiferten. Hatten die Ausiten Muhammad einen Dienst geleistet, sprachen die Khazradj: ‘Bei Allah, sie sollen dies uns nicht voraushaben,’ und ruhten nicht, bis sie eine ähnliche Tat vollbracht hatten. Das gleiche sagten die Ausiten, wenn die Khazradjiten für Muhammad etwas Nützliches vollbracht hatten. Nachdem die Ausiten (den Juden) Ka'b ibn al-Aschraf wegen seiner Gehässigkeiten gegen Muhammad getötet hatten, überlegten die Khazradj, wer Ka'b an Gehässigkeit gegen Muhammad gleichkomme. Dabei fiel ihnen Sallam ein, der in Khaybar wohnte. Sie baten also um die Erlaubnis, ihn töten zu dürfen, was ihnen Muhammad auch gestattete.”

Hierauf begaben sich fünf Männer von den Banu Salama nach Khaybar. Muhammad machte Abd Allah ibn Atik zu ihrem Anführer und verbot ihnen, Kinder und Frauen zu töten. Die Männer kamen bei Nacht am Haus Sallams an und verriegelten zunächst alle Türen. Sallam befand sich im Obergemach. Sie stiegen hinauf und baten vor der Tür um Einlaß. Sallams Frau trat heraus und fragte: “Wer seid ihr?” Sie antworteten: “Wir sind Beduinen, die Getreide kaufen wollen.” Sie erwiderte: “Hier ist euer Herr, tretet ein!” Nachdem sie eingetreten waren, verriegelten sie sofort die Tür aus Furcht, es möchten Leute vorübergehen, die dazwischentreten könnten. Da schrie die Frau laut auf, doch sie drangen in der Dunkelheit mit ihren Schwertern bis zu Sallam vor – er lag auf seinem Bett wie eine ausgebreitete ägyptische Leinwand. Als die Frau schrie, wollten sie sie mit dem Schwert töten. Da erinnerten sie sich an das Verbot Muhammads und ließen von ihr ab. Ohne sein ausdrückliches Verbot hätten sie ihrem Leben in dieser Nacht ein Ende bereitet. Während sie dabei waren, über ihn herzufallen, hatte ihm Abd Allah ibn Unais bereits den Leib durchbohrt und schrie: “Genug! Genug!” Sie verließen eilig das Gemach. Abd Allah ibn Atik, der schlecht sehen konnte, fiel die Treppe hinab und verletzte sich schwer. Sie trugen ihn rasch in einen Kanal bei einer der Quellen. Die Juden zündeten Fackeln an und suchten eifrig nach ihnen, ohne sie zu finden. Schließlich kehrten sie zu Sallam zurück und scharten sich um ihn, denn er war ihr Richter. Sie fragten sich, ob der Feind Allahs wirklich tot war. Einer war bereit, sich unter die Leute zu mischen. Er erzählt selbst: “Sallams Frau stand mit einer Leuchte in der Hand da. Sie sah Sallam, der von vielen Leuten umgeben war, ins Gesicht und sagte an die Leute gewandt: ‘Bei Allah, ich habe die Stimme von Abd Allah ibn Atik unter den Eindringlingen vernommen.' Ich entgegnete: ,Wie soll Abd Allah ibn Atik hierherkommen sein?' Dann trat sie näher an Sallam heran, sah ihn erneut an und rief: ‘Bei dem Gott der Juden, er ist tot!' – Ich habe in meinem ganzen Leben kein süßeres Wort gehört als dieses.” Der Mann kam dann wieder zurück und erstattete ihnen Bericht. Sie nahmen hierauf ihren Gefährten auf die Schulter, kehrten zu Muhammad zurück und meldeten ihm den Tod des Feindes Allahs.

Als aber jeder in Anspruch nahm, ihn getötet zu haben, sagte Muhammad: “Gebt mir eure Schwerter!” Er betrachtete sie und sagte, wobei er auf das Schwert von Abd Allah ibn Unais deutete: “Dieses hat ihn getötet! Es finden sich noch Speisereste daran.”21

17.22 Die Bekehrung des 'Amr ibn al-'As

Amr ibn al-'As hat folgendes erzählt: “Als wir vom Grabenfeldzug heimkehrten, trat ich mit einigen Quraischiten zusammen, die meine Ansichten teilten und mir Gehör schenkten. Ich sagte zu ihnen: ‘Bei Allah, ich glaube, Muhammad beherrscht die Verhältnisse in unangenehmer Weise. Ich habe daher einen Entschluß gefaßt und will auch eure Ansicht vernehmen.' Sie fragten mich nach meinem Entschluß, und ich sagte: ,Ich halte es für gut, daß wir uns zum Nadjaschi (Negus, der äthiopische Herrscher) begeben und bei ihm verweilen. Siegt Muhammad über die Unsrigen, so bleiben wir bei ihm und leben lieber unter seiner Herrschaft als unter der Muhammads. Siegen die Unsrigen, so sind wir ihnen bekannt, und wir haben nur Gutes von ihnen zu erwarten.' Die Quraisch stimmten dieser Ansicht zu, und ich forderte sie auf, Geschenke für den Nadjaschi zu sammeln.

Da ihm aus unserem Lande nichts lieber war als Leder, trugen wir viel Leder zusammen und reisten zu ihm. Als wir angelangt waren, kam auch 'Amr ibn Umaiyya al-Damri an, den Muhammad wegen Dja'far und seiner Gefährten gesandt hatte und besuchte den Nadjaschi. Als er herauskam, sagte ich zu meinen Gefährten: ‘Dort ist 'Amr ibn Umaiyya. Wie wäre es, wenn ich zum Nadjaschi ginge, ihn von ihm verlangte und wenn er ihn mir schenkt, ich ihn tötete? Die Quraisch würden, wenn ich Muhammads Gesandten erschlage, sehen, daß ich höher als sie beim Nadjaschi stünde!'

Ich ging alsbald zu dem König und fiel wie gewöhnlich vor ihm nieder. Er sagte: ,Willkommen, Freund, hast du mir etwas aus deiner Heimat mitgebracht?' Ich sagte: ,Ja, o König, ich habe viel Leder mitgebracht.' Ich ließ es ihm dann herbeibringen. Er bewunderte es und hatte Wohlgefallen daran. Dann sagte ich: ,O König! Ich habe eben einen Mann von dir weggehen sehen, welcher der Gesandte unseres Feindes ist. Schenke ihn mir, daß ich ihn töte, denn er hat von uns die Besten und Edelsten erschlagen.' Der Nadjaschi22 geriet in Zorn. Dann streckte er die Hand aus und schlug sich auf die Nase, daß ich glaubte, er würde sie einschlagen. Ich fürchtete mich dermaßen vor ihm, daß – hätte sich die Erde vor mir gespalten – ich gern versunken wäre. Ich antwortete ihm dann: ,O König, bei Allah, wenn ich gewußt hätte, daß dir diese Bitte unangenehm ist, so hätte ich dich nicht darum gebeten!' Er erwiderte: ,Verlangst du von mir, daß ich dir den Gesandten eines Mannes ausliefere, zu dem gleich Mose der große Namus (Gabriel) mit der Offenbarung gekommen ist?' Ich fragte erstaunt: ,Ist dem so?' Er antwortete: ,O Amr, höre auf mich und folge ihm! Bei Allah, er hat recht und wird über seine Gegner siegen wie Mose über Pharao und dessen Scharen gesiegt hat.' Ich fragte: ,Willst du meine Huldigung für ihn entgegennehmen?' Er bejahte dies und streckte die Hand aus. Ich bekannte mich vor ihm zum Islam und begab mich zu meinen Gefährten mit anderem Sinn, verbarg aber meine Bekehrung. Dann machte ich mich auf den Weg zu Muhammad, um Moslem zu werden. Dabei traf ich Khalid ibn al-Walid – es war kurz vor der Eroberung Mekkas – der von Mekka kam. Ich fragte ihn: ,Wohin des Wegs, Abu Sulaiman?' Er antwortete: ‘Bei Allah, das Zeichen ist vollkommen. Der Mann ist ein Prophet. Bei Allah, ich gehe, um ein Moslem zu werden. Wie lange soll ich noch warten?' Da sagte ich: ‘Bei Allah, ich komme auch, um mich zu bekehren.'

Wir gingen dann gemeinsam zu Muhammad nach Medina. Khalid huldigte ihm zuerst. Dann näherte ich mich ihm und sagte: ,O Gesandter Allahs! Ich will dir huldigen, wenn mir meine vergangenen Sünden vergeben werden.'(Von den zukünftigen sagte ich nichts.) Muhammad antwortete: ‘Huldige! Amr, der Islam tilgt, "was an Sünden vorangegangen ist" (Sure al-Fath 48,2) und die Auswanderung desgleichen'. Ich huldigte ihm und zog wieder ab.”


Footnotes
1 Falls diese Behauptung stimmt, haben vertriebene Juden in ihrem Haß gegen Muhammad eine alliierte Streitmacht gegen ihn zusammengebracht.
2 Die Beduinen waren nicht gewohnt Belagerungen durchzuführen, deshalb hörte Muhammad auf den Vorschlag eines persischen Sklaven und ließ einen tiefen Graben um Medina herum ausheben.
3 Mit diesen Titeln wurden die Herrscher der Perser und der Byzantiner bezeichnet.
4 Die Beduinenkrieger waren mit der Überwindung eines Grabens samt Wall nicht vertraut. Der Graben war die Idee des Salman al-Farisi, eines der losgekauften persischen Sklaven. Deshalb belagerten die Quraischiten die Stadt untätig und hatten damit schon zu Beginn der Belagerung den Krieg verloren.
5 Der Heilige Krieg ist eine der drei Gelegenheiten, bei denen ein Moslem Lüge, List und Betrug in jeder Form einsetzen darf, um dem Islam zum Sieg zu.
6 Die Beduinen waren kurze, schnelle Raubüberfälle gewohnt, aber keine monatelangen Belagerungskriege mit untätigem Warten und Nachschubproblemen. Deshalb schlug die Stimmung im Lager der Quraischiten um.
7 Nachdem der Sturm in der eiskalten Winternacht die Zelte der Belagerer beschädigt oder gar weggerissen hatte, ging das Wort um, Muhammad habe sich mit den Geistern verbündet. Die Worte “Wind” und “Geist” gehören im Arabischen wie im Hebräischen dem gleichen Wortstamm an. Jesus hat den Wind nicht herbeigerufen, um seine Feinde zu vernichten, sondern hat den Sturm gestillt, um seine Jünger vor dem Untergang zu retten und zu bewahren.
8 Der Engel Gabriel im Neuen Testament kam als ein Botschafter des Friedens. Er war nicht derselbe Engel, der Muhammad zum Krieg gegen die Juden trieb. Der Geist, der Muhammad bestimmte, benützte den Namen Gabriel als Maske. Auf ihn trifft das Wort des Apostel Paulus in Galater 1,8 zu, der jeden Ungeist verflucht, der eine Gesetzesreligion nach der Offenbarung des Evangeliums brachte.
9  Außer ihrem beißenden Spott war Heuchelei einer der häufigsten Vorwürfe Muhammads gegen die Juden (Sure al-Baqara 2,14).
10 Nach Sure al-Baqara 2,65 wurden einige der Juden wegen ihres Ungehorsams und Bundesbruches in Affen und Schweine verwandelt (siehe auch Suren al-Ma'ida 5,60 und al-A'raf 7,166).
11 Dihya ibn Khalifa wird als schöner junger Mann beschrieben. Muhammad sagte, daß der Erzengel ihm die Offenbarung manchmal in Gestalt Dihyas gebracht habe, was Salman Rushdie zu einer obszönen Vermutung führte.
12 Eine islamische Legende besagt, daß Juden, die den Sabbat nicht hielten, in Affen verwandelt worden seien.
13 Vergleiche Matthäus 5,7; 7,1-5 und Johannes 8,44.
14 Das erste Massengrab mit getöteten Juden in der Geschichte des Islam wurde in Medina gegraben und mit den Leichen von 600 bis 800 erschlagenen Männern gefüllt. Die Frauen und Kinder wurden als Sklaven verkauft.
15 Die Huldigung nach der Weise der Frauen beinhaltete keine Teilnahmepflichten am Heiligen Krieg.
16 Der Heilige Krieg entwickelte sich immer mehr zu einem einträglichen, gut organisierten Geschäft mit Sklaven, Tieren und Waren.
17 Muhammad nahm für sich in Anspruch, dem Wind und den Geistern gebieten zu können, damit der Islam siege.
18 Die Moslems glauben an den Thron Gottes und an die Thronwächter, die ihn tragen. Die Vision Hesekiels (Hesekiel 1 u. 33) war bis nach Medina gedrungen und dort bekanntgeworden.
19 Der Grabenkrieg war im Grunde genommen ein unblutiger Kampf für die Moslems. Nur die Juden mußten die Schlacht mit ihrem Leben bezahlen.
20 "Khaybar" liegt 160 km nordwestlich von Medina. Dorthin sind viele Juden geflohen, nachdem sie aus Medina verbannt bzw. vertrieben wurden.
21 Jesus verbot Petrus, sein Schwert zu benutzen (Matthäus 26,52). Muhammad dagegen prüfte die Schwerter auf Speisereste aus dem Magen des Durchstochenen, um festzustellen, wem der Ruhm des Meuchelmordes gebühre.
22 Diese Geschichte mit dem Nadjaschi dürfte von Amr ibn al-'As erfunden sein, um seine spätere Bekehrung in ein besseres Licht zu rücken.