12.1 Muhammad erläßt ein Grundgesetz

Muhammad setzte eine Urkunde auf. Es sollte ein Vertrag sein für die Auswanderer und Hilfsgenossen und für die Juden, denen ihr Glaube und ihr Vermögen unter gewissen Bedingungen gelassen werden sollte. Er lautete: Im Namen Allahs, des barmherzigen Erbarmers. Dies ist der Vertrag, den Muhammad, der Prophet, zwischen den Gläubigen von Quraisch und Medina und denen, die ihnen folgen, sich ihnen anschließen und mit ihnen zusammen kämpfen, abschließt. Sie bilden zusammen eine Gemeinschaft1, die von allen anderen Menschen abgesondert ist.

Die Auswanderer von Mekka, die Quraischiten, sollen im Notfall entsprechend ihren Wohnplätzen die Sühne für ihre Gefangenen bezahlen, um sie auszulösen, wie es unter Gläubigen recht und üblich ist. Die Banu Auf sollen nach ihren Wohnplätzen wie früher ihr Sühnegeld bezahlen und so jede Abteilung ihre Gefangenen nach Recht und Gewohnheit auslösen. Dasselbe gilt für die Banu Harith, die Banu Sa'ida, die Banu Djuscham, die Banu al-Nadjdjar, die Banu Amr ibn Auf, die Banu al-Nabit und die Banu al-Aus.2 Die Gläubigen sollen keinen mit großen Schulden Belasteten unter sich haben, den sie nicht unterstützen, selbst wenn ein Sühne- oder Lösegeld für ihn zu bezahlen ist.

Kein Gläubiger soll die Verbündeten eines anderen (Gläubigen) anfeinden. Die Gläubigen sollen wachen über die, welche Gewalt üben oder Sühnegeld3 begehren oder Feindschaft und Korruption unter den Gläubigen anzetteln. Alle sollen ihre Hand gegen den Betreffenden erheben, und wäre es der eigene Sohn. Niemand soll einen Gläubigen als Rache für einen Ungläubigen töten. Niemand soll einem Ungläubigen gegen einen Gläubigen beistehen.4 Allahs Schutz ist einer und gilt allen Moslems gleichermaßen. Auch der Geringste unter den Moslems kann den Ungläubigen diesen Schutz gewähren! Die Gläubigen sollen sich gegenseitig gegen alle anderen Menschen schützen.5

Juden, die uns folgen, erhalten Beistand und gleiches Recht. Es soll ihnen kein Unrecht angetan und ihren Feinden kein Beistand gegen sie geleistet werden.

Der Friede der Gläubigen ist unteilbar. Es soll nicht mit einem Gläubigen ein Friede geschlossen werden und mit dem andern nicht. Im Kampf für Allah soll alles mit Gleichheit und Gerechtigkeit geschehen. Bei jedem Kriegszug sollen die Reiter einander abwechseln. Keiner soll sich an einem Gläubigen rächen, wenn im heiligen Kampf Blut vergossen worden ist. Die Gläubigen, die Allah fürchten, stehen unter der besten und kräftigsten Leitung.

Ferner soll kein Götzendiener (aus Medina) das Gut oder die Person eines Quraischiten unter seinen Schutz nehmen noch sich in einen Streit einmischen, der zwischen einem Quraischiten und einem anderen Gläubigen entstanden ist. Wer erwiesenermaßen einen Gläubigen tötet, soll dafür auch getötet werden, es sei denn, der nächste Verwandte des Getöteten ließe sich in anderer Weise zufriedenstellen. Die Moslems sollen sich wie ein Mann gegen den Mörder erheben.6

Auch ist es einem Gläubigen, der dem Inhalt dieses Dokuments zugestimmt hat und an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, nicht gestattet, einem Verbrecher zu helfen oder ihm Zuflucht zu ge-ähren. Wer es dennoch tut, den trifft Allahs Fluch und Zorn am Tage der Auferstehung. Durch nichts kann er sich von dieser Schuld reinigen.7 In jeder Frage, in der ihr unter euch uneins seid, wendet euch an Allah und Muhammad.8

Führen Juden gemeinsam mit Gläubigen einen Krieg, so sollen sie auch die gleichen Kosten tragen. Die Juden der Banu Auf bil-den eine Gemeinschaft mit den Gläubigen. Die Juden behalten ihren Glauben und die Moslems den ihrigen.9 Ebenso ist ihre Person und die ihrer Freigelassenen oder Schutzgenossen unantastbar. Nur Verbrecher oder Gewalttäter genießen keinen Schutz, wodurch sie sich selbst und ihre Familie ins Verderben stürzen.

Die Regelung für die Juden der Banu Auf gilt auch für die Juden der Banu al-Nadjdjar, der Banu al-Harith, der Banu Sa'ida, der Banu Djuscham, der Banu al-Aus, der Banu Tha'laba und Djafna, die einen Zweig der Djafna bilden, ebenso für die Juden der Banu Schutaiba, die Reinen, nicht die Verbrecher. Die Freigelassenen der Tha'laba gelten wie die Tha'laba selbst als Nebenzweige der jüdischen Stämme. Keiner von ihnen kann ohne Erlaubnis Muhammads Medina verlassen.10

Niemand darf gehindert werden, wegen einer Wunde Rache zu nehmen. Wer ein Unrecht begeht, schadet sich selbst und seiner Familie, es sei denn, daß ihm zuvor Gewalt angetan worden ist. Allah will, daß diese Anordnungen genau befolgt werden.

Die Juden sollen für ihre Verpflegung und die Gläubigen für die ihrige sorgen. Beistand ist gegenseitige Pflicht, wenn jemand gegen die in diesem Dokument Genannten Krieg führt. Die gegenseitige Beratung soll in allen Fällen aufrichtig sein. Niemand soll seinem Verbündeten ein Unrecht zufügen, und dem, welchem Gewalt angetan wird, ist man Beistand schuldig. Die Juden sollen mit den Gläubigen die Kriegskosten tragen, solange sie zusammen Krieg führen.11

Das Stadtgebiet Medinas soll ein unantastbarer Bezirk für alle sein, die diesem Vertrag zustimmen. Ein Schutzbefohlener gilt wie die Person dessen, der ihm Schutz verleiht, sofern er kein Verbrecher ist. Eine Frau kann ohne Erlaubnis ihrer Familie nicht in Schutz genommen werden. Sollte ein unvorhergesehenes Ereignis zwischen den in diesem Vertrag Genannten eintreten oder ein Streit ausbrechen, wodurch die Aufhebung der Abmachungen zu befürchten wäre, so wende man sich an Allah oder Muhammad. Allah sorgt am besten für die genaue Einhaltung dieses Vertrags. Den Quraisch in Mekka und ihren Hilfsgenossen darf kein Schutz gewährt werden.12 Wer Medina angreift, soll von allen zurückgeschlagen werden. Werden die Ungläubigen aufgefordert, Frieden zu schließen und im Frieden zu leben, so sollen sie der Aufforderung Folge leisten.

Fordern sie zum Frieden auf, so sollen ihnen auch die Gläubigen folgen, außer wenn sie einen Glaubenskrieg führen. Jeder soll seinen Anteil an der Beute erhalten, die sie gemacht haben (Su-re al-Anfal 8,1ff). Den Juden vom Stamme Aus und ihren Schutzgenossen werden die gleichen Rechte zugesichert wie denen, die diesem Vertrag zugestimmt haben.

Allah verlangt, daß der Inhalt dieses Vertrags13 genau eingehalten wird, ohne daß dadurch Verbrecher und Übeltäter geschützt werden. Wer Medina betritt oder die Stadt verläßt, soll sicher sein außer den Verbrechern und Übeltätern. Allah und Muhammad, sein Gesandter, beschützen den Reinen und Gottesfürchtigen.14

 

 

12.2 Die Verbrüderung der Auswanderer und Hilfsgenossen

Muhammad verbrüderte die mit ihm ausgewanderten Gefährten mit den Hilfsgenossen. Wie ich vernommen habe, sagte er (Allah bewahre uns davor, ihm etwas zu unterschieben, was er nicht gesagt hat!): “Werdet in Allahs Namen (je zwei miteinander) Brüder!” Er ergriff dann die Hand Alis und sagte: “Dies ist mein Bruder.”15 So wurde Muhammad16, der Herr der Gesandten, der Imam der Gottesfürchtigen, der Gesandte des Herrn der Welten, dem niemand gleich ist, mit Ali verbrüdert. Hamza, der Löwe Allahs und der Onkel Muhammads, wurde ein Bruder des Zaid ibn Haritha, des Freigelassenen Muhammads. Er war es, dem Hamza seinen letzten Willen auftrug für den Fall, daß er in der Schlacht von Uhud umkommen sollte. Dja'far, der Sohn Abu Talibs, der im Paradies mit zwei Flügeln umherschwebt17, wurde der Bruder des Mu'adh ibn Djabal, eines Bruders der Banu Salama. Abu Bakr wurde mit Kharidja ibn Zaid verbrüdert, Umar ibn al-Khattab mit Itban ibn Malik. Am Schluß wird Bilal genannt. Dieser Freigelassene Abu Bakrs und Gebetsausrufer Muhammads wurde mit Abu Ruwaiha Abd Allah ibn Abd al-Rahman, dem Khathamiten, der dann zu den Banu Fura zählte, verbrüdert.

Diese Namen wurden uns von jenen genannt, zwischen denen Muhammad eine Verbrüderung gestiftet hatte. Als Umar in Syrien die Bücher einführte, in welche alle Krieger eingetragen wurden, fragte er Bilal, der auch dort Krieg führte, wo er eingetragen zu werden wünschte. Er antwortete: “Bei Abu Ruwaiha, von dem ich mich nie trennen werde, weil uns Muhammad miteinander verbrüdert hat.” So wurde er dem Abu Ruwaiha angeschlossen und die übrigen Abessinier dem Stamme Khatham, weil Bilal diesem angehörte.18

12.3 Abu Umamas Tod

In jenen Monaten, als die Moschee gebaut wurde, starb Abu Umama Sa'd ibn Zurara an einem Halsleiden oder an Atembeschwerden. Muhammad sagte: “Der Tod Abu Umamas sieht für die Juden und für die Heuchler unter den Arabern wie ein Unglück für die Moslems aus. Sie werden sagen, wenn ich ein Prophet wäre, so wäre mein Gefährte nicht gestorben.19 Sie sind nun davon überzeugt, ich könne bei Allah weder für mich noch für meine Gefährten etwas erreichen.” Nachdem Abu Umama gestorben war, versammelten sich die Banu Nadjdjar, deren Vorsteher er war, bei Muhammad und baten ihn, einen Nachfolger zu bestimmen, der ihre Angelegenheiten wie sein Vorgänger ordne. Da antwortete Muhammad: “Ihr seid meine Onkel mütterlicherseits. Ich gehöre zu euch und will euer Vorsteher sein.” Muhammad wollte nämlich keinen über den anderen setzen. Die Banu Nadjdjar rechneten es als Verdienst ihres Geschlechts an, daß Muhammad ihr Vorsteher wurde.

12.4 Der Beginn des Gebetsrufes

Als Muhammad in Medina einen sicheren Aufenthalt20 gefunden hatte und seine Freunde, die Auswanderer, bei ihm sein konnten und auch die Angelegenheiten der Hilfsgenossen geordnet waren, wurde der Islam zu einer festen Einrichtung. Das Gebet wurde regelmäßig verrichtet, die Fastenzeiten eingehalten, die Armensteuer erhoben, das Strafgesetz angewandt und das Erlaubte und Verbotene21 vorgeschrieben.22

Als Muhammad nach Medina kam, versammelten sich die Leute zur bestimmten Zeit bei ihm zum Gebet, ohne daß sie dazu aufgerufen worden wären. Muhammad trug sich mit dem Gedanken, die Gläubigen wie die Juden durch eine Trompete zum Gebet rufen zu lassen, doch kam er wieder davon ab. Später wollte er eine “Glocke” einführen. Er ließ tatsächlich eine “Glocke” anfertigen, um sie zur Gebetszeit läuten zu lassen.23

Inzwischen hatte Abd Allah ibn Zaid ein Gesicht. Darin war er belehrt worden, wie er zum Gebet aufrufen sollte. Er kam zum Propheten und sagte: “In der vergangenen Nacht ging ein wandernder Geist in Gestalt eines Mannes, der in einen grünen Umhang gekleidet war und eine Glocke in der Hand hatte, an mir vorüber. Ich bat ihn: ‘Diener Allahs! Willst du mir diese Glocke verkaufen?' Er fragte: ,Was willst du damit tun?' Ich antwortete: ,Wir wollen damit Menschen zum Gebet rufen.' Da sagte er: ,Ich will dir eine bessere Methode zeigen!' Als ich ihn nach dieser Methode fragte, antwortete er: ,Rufe viermal: Allah ist größer, und dann: Ich bekenne, daß es keinen Gott gibt außer Allah. Ich bekenne, daß Muhammad ein Gesandter Allahs ist. Herbei zum Gebet! Herbei zum Gebet! Herbei zum Erfolg! Herbei zum Erfolg! Allah ist größer! Allah ist größer. Es gibt keinen Gott außer ihm!'”24 Als Muhammad diese Worte hörte, sagte er: “Das ist ein wahres Gesicht. So Allah will, geh und lehre es Bilal! Er soll damit zum Gebet rufen, denn er hat eine bessere Stimme als du.” Als Bilal zum Gebet rief, hörte es Umar in seinem Hause. Er eilte zu Muhammad, schleppte sein Oberkleid nach und sagte: “O Prophet Allahs, bei dem, der dich mit Wahrheit gesandt hat, ich habe dasselbe Gesicht gehabt wie er!” Muhammad sagte: “Allah sei gelobt.”

'Ubaid ibn 'Umayr al-Laithi hat erzählt: “Muhammad und seine Gefährten hatten beschlossen, eine Glocke anzuschaffen, um die Leute zum Gebet zusammenzurufen. Als Umar zwei Balken für die Glocke kaufen wollte, hatte er ein Gesicht, in welchem ihm befohlen wurde, keine Glocke einzuführen, sondern zum Gebet aufzurufen. Umar ging zu Muhammad, um ihm Kunde von seinem Gesicht zu bringen. Muhammad hatte jedoch durch Offenbarung dasselbe bereits erkannt. Er sagte zu Umar: ‘Diese Offenbarung ist dir bereits zuvorgekommen!' Umar war kaum zurückgekehrt, als Bilal auch schon zum Gebet rief.”

Eine Frau der Banu Nadjdjar erzählte: “Mein Haus war das höchste in der Nähe der Moschee. Bilal rief von hier jeden Morgen zum Gebet. Er kam sehr früh, setzte sich oben auf das Flachdach und wartete auf den Morgenstern. Dann ging er (auf dem Dach) umher und rief: ,Allah, ich lobe dich und flehe deine Hilfe an für die Quraisch, damit sie deinen Glauben annehmen.' Dann rief er zum Gebet, und, bei Allah, ich wüßte nicht, daß er es eine Nacht unterlassen hätte.”

12.5 Namen der Gegner unter den Juden

Mit der Zeit, als sich der Islam festigte, wurden die Rabbiner Muhammads Feinde. Sie waren von Neid und Groll darüber erfüllt, daß Allah seinen Gesandten aus den Arabern erwählt hatte.25 Ihnen schlossen sich auch Ausiten und Khazradjiten an, von denen etliche fest am Heidentum hingen und Götzendiener waren wie ihre Väter und wie jene, die nicht an die Auferstehung glaubten. Sie waren aber genötigt, sich scheinbar zum Islam zu bekennen – den ihre übrige Sippe angenommen hatte - um sich dadurch vor dem Tod zu retten. Sie waren jedoch Heuchler und standen innerlich auf der Seite der Juden, die den Islam verworfen hatten und Muhammad einen Lügner nannten.

Die Rabbiner stellten Muhammad Fragen, kränkten ihn und trugen ihm verfängliche Probleme vor, um Wahrheit mit Trug zu mischen, mit Ausnahme weniger Fragen über Erlaubtes und Verbotenes, welche Gläubige an ihn richteten.26

Diese Rabbiner waren voller Bosheit und erbitterte Feinde Muhammads und seiner Gefährten. Sie warfen Fragen auf und polemisierten gegen den Islam, um ihn zu vernichten. Es gab nur zwei Rabbiner, die Moslems wurden.27

 

12.6 Die Bekehrung des jüdischen Rabbiners Abdallah ibn Salam

Wie mir einer aus seiner Familie berichtet hat, hat Abd Allah ibn Salam, ein gelehrter Rabbiner, die Geschichte seiner Bekehrung folgendermaßen geschildert: “Als ich von dem Gesandten Allahs erzählen hörte, erkannte ich ihn an seinen Eigenschaften, seinem Namen und an der Zeit, in der wir ihn erwarteten.28 Ich freute mich, schwieg aber, bis er nach Medina kam.

Als er (Muhammad) sich in Quba bei den Banu Amr ibn Auf niederließ, kam ein Mann und benachrichtigte uns von seiner Ankunft. Ich befand mich gerade in der Krone einer Dattelpalme, unter der meine Tante Khalida, die Tochter Hariths, saß. Als ich die Nachricht vernahm, rief ich: ,Allah ist allmächtig.' Meine Tante erwiderte: ‘Gott beschäme dich! Du hättest nicht mehr sagen können, wenn Mose, der Sohn Imrans, gekommen wäre.' Ich erwiderte: ‘Bei Allah, er ist ein Bruder Moses, von seiner Religion und wurde mit dem gesandt, womit Gott Mose gesandt hatte.' Sie fragte: ,Ist er der Prophet, von dem uns prophezeit worden ist, daß er um diese Zeit kommen werde?' Ich sagte: ,Ja.' Sie entgegnete: ‘Dann ist er es also!' Ich begab mich dann zu Muhammad, bekehrte mich zum Islam, ging wieder in mein Haus und befahl meiner ganzen Familie, sich dem Islam hinzugeben, und sie haben es getan. Ich hielt aber unsere Bekehrung vor den Juden geheim. Ich ging dann wieder zu Muhammad und sagte: ‘Die Juden sind verleumderische Leute. Verbirg mich in einem deiner Räume und befrage sie über mich, ehe sie wissen, daß ich Moslem geworden bin, denn sobald sie es erfahren, werden sie mich verleumden und herabsetzen.' Muhammad verbarg ihn in einem seiner Räume, und als die Juden kamen und sich mit ihm eine Weile unterhalten und ihn ausgefragt hatten, fragte er: ,Welche Stellung nimmt al-Husain ibn Salam unter euch ein?' Sie antworteten: ‘Er ist unser Herr und der Sohn unseres Herrn und unser Rabbiner und Gelehrter.' Als sie dies gesagt hatten, trat ich zu ihnen heraus und sagte: ,O ihr Juden! Fürchtet Allah und empfangt, was er euch sendet. Bei Allah, ihr wißt, daß Muhammad ein Gesandter Allahs ist. Ihr findet ihn in der Thora verzeichnet, mit seinem Namen und seinen Eigenschaften.29 Ich meinerseits bekenne, daß er ein Gesandter Allahs ist. Ich glaube an ihn und erkenne ihn als wahrhaftig an.' Sie riefen: ‘Du lügst,’ und fingen an, mich zu schmähen. Da sagte ich zu Muhammad: ‘Habe ich dir nicht gesagt, o Prophet Allahs, die Juden seien ein verleumderisches Volk, bei dem Verrat, Lüge und Unzucht (Hurerei) zu Hause sind?'

Hierauf veröffentlichte ich meine Bekehrung und die meiner Familie. Auch meine Tante Khalida wurde eine gute Gläubige.”

12.7 Die Bekehrung des jüdischen Rabbiners Mukhairiq

Von Mukhairiq wird erzählt: “Er war ein gelehrter Rabbiner, der sehr reich an Dattelpalmen war. Er erkannte Muhammad an seinen Eigenschaften und aus dem, was er in seiner Wissenschaft gelernt hatte, und gewann den Islam lieb. Seine Vertrautheit mit dieser Religion hat ihn überwunden. So lebte er bis zur Schlacht von Uhud, die an einem Sabbat stattfand. Da sagte er zu den Juden: ‘Bei Allah, ihr wißt, daß es eure Pflicht ist, Muhammad beizustehen.' Sie erwiderten: ‘Heute ist Ruhetag.' Er rief: ,Mögt ihr nie zur Ruhe kommen!' Er griff dann zu seinen Waffen und ging nach Uhud zu Muhammad und dessen Gefährten. Vorher hatte er bestimmt, daß, wenn er getötet werde, seine Güter Muhammad zufallen sollten, der damit verfahren könne, wie es ihm Allah eingebe. Er kämpfte dann unter den Gläubigen, bis er getötet wurde. Wie ich gehört habe, soll Muhammad gesagt haben: ,Mukhairiq war der Beste unter den Juden.' Muhammad nahm dann Mukhairiqs Güter in Besitz. Alle von Muhammad verteilten Almosen in Medina stammten aus Mukhairiqs Besitz.”30


Footnotes
1 Am Anfang seiner Herrschaft in Medina versuchte Muhammad alle, Moslems, Juden und Animisten, die in dieser Stadt wohnten, durch ein Vertragswerk zusammenzubinden. Er betrachtete alle miteinander als seine Untergebenen, die zusammengehörten und von denen jeder für jeden einstehen sollte.
2 Dieser unislamische Kompromiß war ein Versuch Muhammads, die nichtmoslemischen Bewohner Medinas allmählich für den Islam zu gewinnen. Er bot ihnen die Gleichberechtigung an, also die gleichen Pflichten und Rechte, wie sie für die Moslems gelten. Dieser Vertrag steht im Gegensatz zum späteren Verständnis der islamischen Umma, in der nur Moslems vollberechtigte Bürger sein können. Wer dieses erste Grundgesetz in Medina nicht akzeptierte, wurde schutzlos.
3 Das Sühnegeld ist das Geld für den Loskauf oder zur Freilassung von Ungläubigen oder nichtmoslemischen Kriegsgefangenen, das der Führer der Moslems bestimmt.
4 Dieser Satz gilt als Rechtfertigung für das spätere Massaker an den Juden der Banu Qaynuqa'. Die Verbündeten der Juden unter den einstigen Animisten Medinas hatten kein Recht, ihnen gegen die Moslems beizustehen, als diese die Juden in großer Zahl umbrachten.
5 Die uneingeschränkte gegenseitige Beistandspflicht aller Moslems gegen berechtigte oder unberechtigte Angriffe von Nichtmoslems ist ansatzweise bereits in diesem ersten Grundgesetz Medinas enthalten. Sie wurde später zur Selbstverständlichkeit für alle Moslems. In Wirklichkeit aber – bei Familienzwisten und in Kriegen zwischen islamischen Völkern – wurde dieses Gesetz unzählige Male gebrochen.
6 Die Blutrache nach dem Prinzip “Auge um Auge, Zahn um Zahn” bzw. die Möglichkeit zur Annahme eines Blutgeldes durch die Angehörigen wurde mit dieser Anordnung vorbereitet und legalisiert. Der Islam kennt keine uneingeschränkte Vergebungspflicht, wie Jesus sie von seinen Jüngern fordert (Matthäus 6,14-15).
7  Der Islam warnt seine Anhänger vor mehreren Arten von unvergebbarer Schuld: Vor dem Abfall vom Islam, vor dem Glauben an angeblich mehrere Gottheiten wie Vater, Sohn und Heiliger Geist und vor der vorsätzlichen Ermordung eines anderen Moslems.
8 Muhammad inthronisierte sich mit diesem Gesetz zum Schlichter, Richter und absoluten Herrscher in Medina. Jesus dagegen hat es abgelehnt, sich zum König machen zu lassen oder irgendein weltliches Amt zu übernehmen, weil er ein geistliches Reich aufbauen wollte (Johannes 6,15; Lukas 12,13-15).
9 Diese Anordnung verfügte (vorübergehend) außer der zivilrechtlichen Gleichberechtigung von Juden und Moslems in Medina auch die Gleichwertigkeit von islamischem und jüdischem Glauben.
10 Muhammad regierte wie ein absoluter Herrscher über seine Untertanen. Der Islam gewährt nur begrenzte Freiheiten.
11 Die Juden unterlagen im Kriegsfall der Beistandspflicht und mußten sich an der Finanzierung der Heiligen Kriege beteiligen.
12 Die Kaufleute in Mekka bildeten die größte Gefahr für Muhammad. Wer mit ihnen paktierte, wurde Muhammads Feind.
13 Dieser Vertrag wurde zum Vorbild, zur Grundlage und Legitimation für viele spätere Verträge, die zwischen Moslems und anderen unterworfenen Schutzberechtigten abgeschlossen wurden.
14 Dieser Vertrag zwischen Moslems, Juden und Animisten in Medina ist ein Beispiel für die Führungskunst Muhammads. Er war eine Zeitlang – entgegen seinen religiösen Prinzipien – zu Kompromissen bereit, aber nur so lange, wie er auf die Hilfe der Andersgläubigen angewiesen war. Muhammad wollte zuerst die grundverschiedenen Partner seiner Stadt einigen, um eine Machtbasis zu schaffen, auf der der Islam gedeihen konnte.
15 Diese Aussage Muhammads wird von den Schiiten so ausgelegt, daß Ali der Muhammad “am nächsten Stehende” und damit ranghöchste Moslem sei.
16 Muhammad gilt im Islam als Herr und Siegel aller Gesandten Allahs. Er erscheint den Moslems größer als Mose und Jesus. Der “Herr der Welten” ist jedoch einer der Namen Allahs, als dessen wichtigster Gesandter Muhammad angesehen wird. Er verbrüderte sich mit Ali, seinem Neffen, Adoptivsohn und späterem Schwiegersohn. Damit aber hat sich Muhammad erneut an seine Sippe gebunden.
17 Muhammad hatte behauptet, Dja'far, seinem Vetter, dem bei einem Kampf beide Arme abgeschlagen worden waren, seien an ihrer Stelle zwei Flügel gewachsen.
18 Die Verbrüderung der Moslems untereinander stellte den Versuch Muhammads dar, den Flüchtlingen, die aus ihrem Sippenschutz herausgelöst worden waren, in der Religionsgemeinschaft des Islam eine neue Heimat mit einem neuen Wir-Bewußtsein zu verschaffen. Die Blutsbande sollten durch religiöse Bande ersetzt werden. Dieser Versuch ist allerdings nur teilweise gelungen. Die Geschichte des Islam zeigt eine endlose Kette von Kriegen aus familienpolitischen und sippenrechtlichen Gründen.
19 Jesus wurde von Maria, der Schwester des Lazarus, mit einer ähnlichen Frage konfrontiert. Er besaß jedoch die Vollmacht, den Verstorbenen aus dem Grab ins Leben zu rufen. Muhammad hatte diese Fähigkeit nicht. Statt dessen hat er die Situation der Trauernden ausgenützt und sich selbst als Haupt der verwaisten Sippe eingesetzt.
20 Jesus sagte von sich, als einer ihm die Nachfolge anbot: “Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester, aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege” (Matthäus 8,20). Und Paulus schrieb über Jesus in 2. Korinther 8,9: “Obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen.”
21 “Das Erlaubte und das Verbotene” sind die äußersten Grenzen der Wertskala im islamischen Recht, zwischen denen es viele Abstufungen wie indifferent, unerwünscht, verabscheuungswürdig und andere gibt.
22  Der Islam war damit zum alleinigen Gesetz, zur Kultur und Lebensordnung in Medina geworden.
23 Bei den ersten islamischen Versammlungen wurden zwei Hölzer ver-schiedener Länge rhythmisch aufeinander geschlagen. Das war der Ersatz für eine Trompete, Trommel oder Glocke, die damals noch nicht zur Verfügung standen.
24 Im Zusammenleben mit Juden und Christen entwickelte Muhammad den Islam zu einer selbständigen Religion mit eigener Gesetzgebung, Liturgie und Sitte. Der Gebetsruf der Moslems enthält eine Zusammenfassung der Grundlehren des Islam: 1. “Allahu akbar” heißt, daß Allah der große, ferne und unbekannte Gott ist, dem niemand und nichts gleicht. Er kann nicht gedacht, noch erreicht oder verstanden werden. Er ist der ganz andere, große und unbekannte Gott, den jeder nur fürchten und anbeten kann. 2. Muhammad wird der “Gesandte Allahs” genannt. Er gilt nicht nur als sein Prophet, sondern auch als sein politischer Statthalter, der die Durchführung des Gesetzes zu überwachen hat. Deshalb kann der Islam letztlich nichts anderes als eine Staatsreligion in einem Religionsstaat sein. 3. Wer sich der vorgeschriebenen Gebetsordnung unterwirft, soll Erfolg im Leben und in der Ewigkeit haben. Diese Gebete sollen Vorrechte bei Allah schaffen und gelten als verdienstvolle Werke, die in dieser und in der jenseitigen Welt Segen schaffen. Das Gebet im Islam ist also ein Mittel zum Zweck und bedeutet keinen Dank für zuvor von Gott empfangene Segnungen und Gnadenerweise. Hier zeigt sich aufs neue die Werkgerechtigkeit des Islam im Gegensatz zur Gnadengerechtigkeit Christi.
25 Die Juden verspotteten Muhammad, weil er für sich in Anspruch nahm, ein Prophet des wahren Gottes zu sein. Sie waren weder neidisch, noch grollten sie ihm. Sie verlachten ihn jedoch, was Muhammad zutiefst verletzte.
26  An dieser Stelle folgt im arabischen Original eine lange Liste mit Namen von Einzelpersonen aus den Banu Nadir, den Banu Qaynuqa' und den Banu Quraiza. Damit werden die Feinde Muhammads beim Namen genannt. Hinzu kamen die Namen einzelner Juden aus den Banu Zuraiq, den Banu Haritha und den Banu Amr.
27 Die Juden haben die Unstimmigkeiten zwischen den Offenbarungen Muhammads und den Texten der Thora und der Propheten schnell erkannt und Muhammad die Wahrheit spöttisch vor Augen gehalten. Der Prophet der Araber aber konnte nicht zugeben, daß er lediglich mündliche jüdische Überlieferungen in arabische Gedichtverse umsetzte und dabei oft ungenaue Informationen, Mißverständnisse und absichtliche Änderungen zusammenfaßte. Das Bekenntnis eines Irrtums hätte eine Infragestellung seiner prophetischen Autorität bedeutet. Muhammad war der Wahrheit um seiner Ehre willen nicht gehorsam. Der Geist des Islam ist kein Geist der Wahrheit und der Demut, sondern benützt unzählige Tricks und Lügen, um die eigene Ehre und Macht zu retten. Weil der Angriff der Rabbiner Muhammads innerste Autorität in Frage stellte, nannte er sie seine größten und gefährlichsten Feinde. Die Kritik, Klugheit und Überlegenheit der Juden samt ihrem beißenden Spott schufen einen bis heute nicht nachlassenden Haß in Muhammad und seinen Anhängern. Jesus wurde ebenfalls von seinem eigenen Volk versucht und verspottet, war jedoch weiser als seine Gegner und überwand ihre List und Tücke mit geistlicher Logik und treffenden Worten aus dem Alten Testament. Jesus war die Wahrheit in Person; er verdrehte das Gesetz nicht, sondern erfüllte es mit Wort und Tat.
28 Die Moslems sehen in Muhammad den verheißenen Propheten des Alten Testaments (5. Mose 18,15), der aber nach dem Verständnis des Neuen Testaments Christus ist. Groteskerweise verstehen die Moslems Muhammad auch als Erfüllung des von Jesus verheißenen Parakleten (Johannes 14-16), der in Wirklichkeit der Heilige Geist ist, der an Pfingsten die betenden Jünger erfüllte.
29 Die Moslems legen die Verheißung im 5. Mose 18,15 im Blick auf Muhammad aus, übersehen jedoch dabei, daß der verheißene Prophet ein Glied des Alten Bundes sein mußte, was Muhammad nie war und auch nicht sein konnte.
30 Durch den Übertritt von Rabbinern und anderen Juden zum Islam bekam Muhammad genauere Kenntnisse vom Gesetz, vom Talmud und den Erzählungen der jüdischen Frommen. So kommt es, daß bis zu 70 Prozent der Qur'antexte und der Hadith jüdischen Quellen entstammen, die jedoch in Reime umgeformt und islamisch verdreht wurden.